hilf-jetzt.ch

Netzwerk zum Aufbau und der Unterstützung selbstorganisierter Nachbarschaftshilfe in der Corona-Pandemie.

Am 13. März 2020, kurz vor dem ersten Corona-Lockdown überlegten wir uns, was wir mit unseren Fähigkeiten zur Bewältigung der Krise beitragen könnten. Gemeinsam mit PublicBeta entstand so innert weniger Stunden hilf-jetzt.ch, eine Plattform um selbstorganisierte Nachbarschaftshilfe zu initiieren, zu koordinieren und zu unterstützen. Überwältigt vom Bedürfnis mussten wir die Plattform innert weniger Tagen massiv skalieren, professionalisieren und kommunikativ begleiten. Zum Höchststand betreute ein Team von gegen 30 hauptsächlich freiwilligen Personen fast rund um die Uhr über 1200 neu entstandene lokale Unterstützungsgruppen im ganzen Land. Und das alles in Remote-Working.

 
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Die Challenge

Zehntausende von Helfer*innen standen in kürzester Zeit bereit, um andere Menschen in der Corona-Krise zu unterstützen. Für uns war klar: Damit die Hilfe real funktioniert, muss sie hyperlokal stattfinden. Einkaufen für die Nachbarn im Haus und Unterstützung in der nächsten Umgebung. Trotzdem müssen Hilfegesuche koordiniert werden. Und Helfende benötigen ein Netzwerk, das sie unterstützt, mit handfesten Informationen versorgt und auch übernehmen kann, wenn man selber ausfällt oder überlastet ist. Dies alles in kürzester Zeit aus dem nichts aufzubauen, forderte unsere Fähigkeiten als Organizer und Projektleiter stark.

 
 
 

Ein Verzeichnis für Hilfsgruppen, damit sich Helfende und Hilfesuchende finden

Bereits in der ersten Version von hilf-jetzt.ch haben wir ein Verzeichnis von existierenden und neu gegründeten Hilfsgruppen angeboten. Dieses war dank einer schnell einsetzbaren und erprobten Datenbank-Applikation innert weniger Stunden einsatzbereit. Gruppen konnten sich und ihre Kontaktmöglichkeiten selber eintragen und verwalten. Hilfesuchende oder andere Helfer*innen konnten per Liste oder Google-Map-Suche sofort Gruppen bei sich in der Nähe finden. Im Backend konnten wir weitere Detailinformationen zu den Gruppen verwalten, um mit den Gruppen und ihren Verantwortlichen Personen in Kontakt zu bleiben.

 
 

Hilfe zur Selbstorganisation für Gruppen: Anleitungen, Hilfsmittel und Best-Practice

Das schnelle Wachstum der Gruppen war möglich, weil wir die passenden Hilfestellungen angeboten und die Gruppen mit einem Community-Team aktiv unterstützt haben. Für die Organisation der Gruppen haben wir verbreitete und einfach zu nutzende Tools wie WhatsApp oder GoogleDocs empfohlen und Best-Practices für deren effizienten Einsatz formuliert. Leitfäden und Anleitungen für sämtliche Herausforderungen haben den Gruppen ermöglicht, in einem ständig wechselnden Umfeld erfolgreich zu agieren. Und wir haben einen Feedback-Loop mit gut funktionierenden Gruppen erstellt und so erfolgreiche und bewährte Taktiken sehr schnell weiterverbreitet und anderen Gruppen zugänglich gemacht. Zusätzlich haben wir mit Expert*innen zusammengearbeitet, um Leitfäden zu spezifischen Fachgebieten wie unter anderem Hygienemassnahmen, psychische Gesundheit, Rechtliche Rahmenbedingungen zu erstellen.

 
 

Skalieren um den Faktor 10 in weniger als einer Woche

Am Freitag dem 13. März haben wir zu dritt begonnen, am darauf folgenden Montag waren wir zu sechst und am Donnerstag haben bereits zwanzig Personen für das Projekt gearbeitet. Diese enorme Skalierung war notwendig, da die Nachfrage nach Hilfestellungen entsprechend gross war. Und wir konnten nicht riskieren, in der damals sehr unklaren Corona-Situation Gesundheitsrisiken für Helfende und Hilfesuchende einzugehen.
Dank unserem grossen Netzwerk, der Erfahrung in der Arbeit mit Freiwilligen, in der Personalrekrutierung und im Aufbau von ähnlichen Projekten konnten wir hilf-jetzt.ch sehr schnell von einem wackligen Pilotbetrieb zu einer stabilen Plattform ausbauen. Dabei haben wir auf einen Mix an Freiwilligen und bezahlten Mitarbeitenden gesetzt und die Mitarbeitenden in mehrere Teams aufgeteilt: Community (Kontakt zu den Gruppen), Best-Practices/Anleitungen, Romandie, Fundraising, sowie Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Das Ganze wurde durch eine Geschäftsführerin und ein robustes Projektmanagement zusammengehalten. Verschiedene Organisationen haben uns ausserdem mit Personal ausgeholfen (vielen Dank dafür!). Gleichzeitig konnten wir Dank diversen Spender*innen und Stiftungen sehr rasch die Finanzierung der Lohnkosten sicherstellen.

 

Der Outcome

Bis zu 200’000 Freiwillige in 1200 Gruppen

Dank Umfragen und eigenen Erhebungen wissen wir, dass sich bis zu 200’000 Freiwillige in über 1200 auf hilf-jetzt.ch registrierten Gruppen organisiert haben. Es gab dabei in den meisten Regionen eine Überkapazität an Freiwilligen, und wir haben diese ermutigt, sich im engsten Umfeld zu engagieren.

 

Über 100’000 Hilfesuchende wurden unterstützt

Durch die direkte Koordination von hilf-jetzt.ch konnten schlussendlich über 100’000 Hilfesuchende unterstützt werden. Viele Personen wurden dabei über Wochen begleitet und auch in der zweiten Well im Herbst wurden viele im Frühling geknüpfte Unterstützungs-Kontakte wieder aktiviert.

 

Ein Nachbarschaftshilfe-Netzwerk für Krisensituationen

Hilf-jetzt.ch hat in der ausserordentlichen Situation im Frühling einen wichtigen Beitrag zur Krisenbewältigung geleistet. Hätten sich die notwendigen Einschränkungen für die Bevölkerung weiter verschärft, wäre hilf-jetzt.ch zudem in der Lage gewesen, die Kapazität innert kürzester Zeit noch weiter zu skalieren. Das Projekt hat überdies viel Know-How und Vernetzung geschaffen, welches auch bei zukünftigen Krisensituationen für die zivile Ad-Hoc-Hilfe eingesetzt werden kann. Darum haben wir das Projekt nicht aufgelöst, sondern es an das Schweizerische Rote Kreuz zur längerfristigen Betreuung übergeben.

 
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