2x Nein zum Abbau des Mieter:innenschutzes

Nationale Abstimmungskampagne

Doppelsieg gegen die Immobilien-Lobby: Beide Vorlagen zur Verschlechterung des Mieterschutzes wurden mit 51.58% (Untermiete) respektive 53.83% (Eigenbedarf) abgelehnt. Dieses Resultat überrascht nicht nur, weil erste Umfragen noch auf ein anderes Ergebnis hindeuteten, sondern auch, weil die Ausgangslage alles andere als einfach war. In enger Zusammenarbeit mit dem Mieterinnen- und Mieterverband und deren Mitglieder durften wir mit digital/organizing diese dreisprachig geführte, nationale Abstimmungskampagne begleiten.

Die Ausgangslage

Die Kampagne stand vor einer besonderen Herausforderung: Es galt zwei relativ technische Vorlagen, die das Mietrecht schwächen sollten, zu bekämpfen.

Beide Vorlagen standen in einem inhaltlichen Zusammenhang, doch ihre Komplexität erschwerte die Kommunikation. Für viele Menschen wirkten die Vorlagen nicht unmittelbar dramatisch oder bedrohlich.

Eine erfolgreiche Kampagne braucht starke, einfach verständliche Botschaften. Deshalb sollten die Inhalte der beiden komplexen Vorlagen auf ihre dramatischsten Aspekte und die wahren Ziele der Immobilien-Lobby heruntergebrochen werden: „Einfacher rauswerfen, um die Mieten zu erhöhen“.

Anstatt für die beiden Vorlagen je eine separate Kampagne zu führen, wurden sie zu einer übergeordneten Referendumsfrage über Mietrechtsverschlechterungen zusammengefasst und hochstilisiert. Die Strategie zielte darauf ab, die Vorlagen nicht technisch zu erklären, sondern aufzuzeigen, dass sie Teil eines grösseren Problems sind. Damit wurde der Fokus auf die Schwächung des Mieter:innenschutzes gelegt und auf die dahinterliegende Strategie der Immobilien-Lobby aufmerksam gemacht.

Digitale Kampagne

Die Content-Strategie unserer digitalen Kampagne spielte eine zentrale Rolle, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und die Kampagne zu emotionalisieren. Dabei wurden bewusst keine technischen Details, sondern die Folgen für Betroffene in den Vordergrund gestellt.

  • Breites Spektrum an Inhalten: Ziel war es, möglichst viele Content-Elemente mit verschiedenen Blickwinkeln zu entwickeln. Jeder dieser "Angles" zielte darauf ab, spezifische Zielgruppen zu erreichen – von jungen Mietenden bis zu Geschäftsmieter:innen. Trotz der Vielfalt der Inhalte blieben wir immer auf der Kernbotschaft.

  • Betroffene im Fokus: Um die Vorlagen greifbar zu machen, stellten wir Menschen ins Zentrum, die von den geplanten Änderungen betroffen gewesen wären. Ihre persönlichen Geschichten machten die technischen Vorlagen konkret und emotional nachvollziehbar.

  • Fokus auf Video: Emotionale und leicht verständliche Videos erwiesen sich als ideales Mittel, um eine breite Zielgruppe zu erreichen - organisch und paid. Ergänzt wurden sie durch gezielte Social-Media-Posts und Infografiken. Video-Content wurde als Hauptmedium gewählt, da es auf digitalen Plattformen besonders gut funktioniert und starke emotionale Verbindungen schafft.

  • Sensibilisierung der Diaspora: Viele der potentiell von den Vorlagen betroffene Menschen gehören einer Diaspora an. Für diese Zielgruppe wurden eigene Werbemittel in den unterschiedlichsten Sprachen erstellt und mittels gezieltem digitalen Targeting ausgespielt, damit sie einbezogen werden.

  • Co-Creation-Workshops: In Content-Workshops entwickelten wir gemeinsam mit dem Mieterinnen und Mieterverband kreative Ansätze, um unterschiedliche Perspektiven einzubringen. So konnten wir die Komplexität der Vorlagen durch vielfältige und verständliche Inhalte zugänglich machen.

Rapid Response

Abstimmungskampagnen sind von ihrer Natur her dynamisch. Diskurse können sich rasch verändern, und neue Entwicklungen müssen schnell in die Strategie integriert werden. Unsere Rapid-Response-Taktik umfasste:

  • Reaktion auf den öffentlichen Diskurs: Sobald sich neue Themen oder Narrative im Diskurs etablierten, reagierten wir umgehend, indem wir die Kampagnenbotschaften prüften und gegebenenfalls anpassten oder ergänzten.

  • Skandale verstärken: Negative Schlagzeilen oder problematische Aussagen der Gegenseite wurden gezielt aufgegriffen und verbreitet, um deren wahre Absichten aufzuzeigen.

  • Zusätzliche Reichweite für Mediengeschichten: Erfolgreiche Berichterstattung wurde nicht nur passiv konsumiert, sondern aktiv genutzt, um die Reichweite dieser Botschaften über Social Media und digitale Kanäle zu maximieren.

  • Dynamische, datenbasierte Optimierung: Wir haben laufend die neusten Umfragedaten analysiert und die Kampagnen entsprechend angepasst. Dabei wurden die Messages und das Budget auf die entsprechende soziodemografische und geografische Zielgruppe optimiert.

Distribution

Für die Distribution der Kampagne haben wir auf unser bewährtes Modell aus drei Kampagnenwellen gesetzt, das bereits bei vergangenen Abstimmungskampagnen erfolgreich angewandt wurde:

1. Welle: Diskursvorbereitung
In der ersten Phase schafften wir Bewusstsein für das Problem, indem wir die geplanten Mietrechtsverschlechterungen und die wahren Absichten der Befürworter in den Fokus stellten.

2. Welle: Persuasion und Emotionalisierung der Debatte
In der zweiten Phase wurden die wichtigsten Botschaften verstärkt, und die Diskussion wurde auf die potenziellen Konsequenzen für Betroffene gelenkt.

3. Welle: Mobilisierung
Kurz vor der Abstimmung stand die Aktivierung der eigenen Basis im Mittelpunkt, sowie die Mobilisierung aller Zielgruppen, die am ehesten Nein stimmen werden.

Dank einer ausgeklügelten Mediaplanung, sowie genügend Flexibilität, erreichten wir maximale Wirkung. Die Kampagne wurde zielgruppenspezifisch über das gesamte digitale Universum ausgespielt – von Social Media über YouTube bis hin zu Display Ads und Connected TVs. Kampagnen-Budget und -Botschaften wurden kontinuierlich auf die aktuellen Umfrageergebnisse angepasst, um jeden Werbefranken effektiv einzusetzen.

Unterstützung bei Komitee-Aufbau

KMU wären besonders von der geplanten Verschlechterung des Mietrechts betroffen gewesen, insbesondere von einer Verschlechterung der Regelungen zur Untermiete. Dies war der Bevölkerung vor unserer Kampagne nicht bekannt.

Um sich Gehör für ihr Anliegen zu verschaffen, haben sich viele betroffene Geschäftsmietende zu einem Komitee zusammengeschlossen. Für dieses Komitee durften wir eine Website konzipieren, auf der die Betroffenen KMU ihre Argumente darlegen konnten. Zudem haben wir sie dabei unterstützt, ihre Geschichten in den sozialen Medien zu verbreiten.

Weitere Kampagnenelemente

Wir haben den Mieterinnen- und Mieterverband mit zusätzlichen, innovativen Massnahmen unterstützt, um die Wirkung der Kampagne zu verstärken und Zielgruppen über unterschiedliche Touch Points zu erreichen:

  • Guerilla-Marketing mit Türhängern: Um die Botschaften möglichst direkt zu den potentiell betroffenen Menschen zu bringen, haben wir eine aufmerksamkeitsstarke Guerilla-Marketing-Aktion konzipiert. Türhänger mit einer prägnanten Warnung wurden an Haustüren angebracht. Über einen QR-Code konnte mehr über die Vorlagen erfahren werden. Diese Türhänger wurden einerseits über Streuwürfe, andererseits durch engagierte Mitglieder des Verbandes unter die Menschen gebracht.

  • Kreative Placements auf Wohnungssuche-Plattformen: Wir haben viele verschidene Werbeformate getestet. Unter anderem Ads, die passend zum Thema auf Plattformen für die Wohnungssuche geschaltet wurden. So erreichten wir Menschen genau dort, wo sie mit den realen Konsequenzen der Vorlagen konfrontiert gewesen wären.

  • Beratung beim digitalen Fundraising: Eine erfolgreiche Kampagne benötigt finanzielle Mittel. Wir durften den Verband im Bereich Digital Fundraising als Sparring-Partner beratend zur Seite stehen.

Das Ergebnis

Das doppelte Nein zur Schwächung des Mieterschutzes ist ein eindrucksvoller Erfolg und ein deutliches Signal an die Politik: Die Schweizer Bevölkerung spricht sich klar gegen jegliche Verschlechterung des Mietrechts aus.

Zur Arbeit mit digital/organizing Linda Rosenkranz, Generalsekretärin des Mieterinnen- und Mieterverbandes Schweiz:

«Dank der wertvollen Unterstützung durch digital/organizing konnten wir mehrere Millionen Personen online und offline für die Abstimmungskampagne erreichen, überzeugen und mobilisieren – dies war ein wichtiges Element für den Abstimmungserfolg. Während unseres umfassenden Change-Prozesses hin zu einer noch professionelleren und kampagnenfähigeren Organisation waren sie mehr als nur Berater – sie waren echte Partner. Besonders in der heissen Phase unserer Referendumskampagne haben sie tolles Engagement an den Tag gelegt: Ihre Verfügbarkeit und Unterstützung gab uns die Sicherheit, auch komplexe und kurzfristige Herausforderungen souverän zu meistern. Egal ob dringende Fragen oder Notfallübungen – wir wussten: digital/organizing steht uns jederzeit kompetent zur Seite.»

Wir sind stolz darauf, Teil dieser wichtigen Kampagne gewesen zu sein, und danken dem Mieterinnen- und Mieterverband sowie allen Partner:innen für das Vertrauen und die Zusammenarbeit.


Alessandro

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